Der 2. Juli ist wohl der größte Tag in der Geschichte Bahias und wird mit einem farbenprächtigen, spektakulären Umzug gefeiert. Von Pelourinho aus, dem historischen Stadtzentrum – in dem zu Zeiten des Kolonialismus ein Pelourinho, ein Pranger für verurteilte Sklaven stand – ziehen Musikgruppen, Tänzer, Trommler, Indios in historischen Kostümen und vor allem die riesige Figur eines Caboclo bis zum Stadtteil Campo Grande.
Ein Caboclo war im früheren Sprachgebrauch ein Indianer, später wurde die Bezeichnung für alle Menschen verwand, die im Wald lebten. Im Unabhängigkeitskampf spielten die Caboclos eine wichtige Rolle, denn sie schlugen sich auf die Seite der rebellierenden Brasilianer. Wenn man sich ihre Situation bis heute ansieht, kann man nur feststellen, dass sich das heldenhafte Engagement von damals nicht in ihrem täglichen Leben niedergeschlagen hat …
Eigentlich hatte Pedro I., Kaiser Brasiliens und König von Portugal, am 7. September 1822 schon die Unabhängigkeit vom Mutterland proklamiert. Doch in dem riesigen, unübersichtlichen Land hielten sich immer noch etliche portugiesische Truppen auf, die Land und Herrschaft nicht einfach aus der Hand geben wollten. In zahlreichen Regionen erfuhren sie erbitterten Widerstand, so auch in Bahia.
An dem Sieg der Einheimischen hatte eine tapfere Frau einen entscheidenden Anteil: Maria Felipa, eine einfache Arbeiterin und Fischerin, die auf der Insel Itaparica lebte. Sie scharte eine Gruppe von etwa zweihundert Menschen um sich. Abgesehen von ihren Messern, Lanzen und Gewehren verfügte die Gruppe noch über wesentlich subtilere Waffen: Die jungen und schönen Frauen (von denen es sicherlich eine Menge gab) umgarnten die portugiesischen Soldaten, lockten sie an einen der Strände und machten sie mit Cachaça – Zuckerrohrschnaps – betrunken. Anschließend fiel die Truppe über sie her und verprügelte sie mit Zweigen der Cansação-Pflanze – deren Blätter äußerst stachelig sind und unangenehm jucken.
Erst der Sieg der Aufständischen und ihr finaler Einzug in Pelourinho bereiteten den Weg für die faktische Unabhängigkeit des ganzen Landes.
Der Umzug, der an die dramatischen Ereignisse von damals erinnert, ist ein Spektakel für die Sinne und dauert etwa zwei Stunden. Danach wird auf den Straßen – mit Bier, Caipirinha und Churrasco (leckeren Grillspießen) noch bis in den späten Nachmittag gefeiert, in den Bars von Salvador noch bis tief in die Nacht.